Neue Produktfamilie bei MGG Polymers: PP mit Füllstoffen aus Elektrogroßgeräten!

Mit der Wiedergewinnung von gefüllten Polypropylenen startet MGG Polymers seine Aktivitäten im Recycling von Kunststoffen aus Elektrogroßgeräten ein. Intensive Forschung und Anwendungsentwicklung in den vergangenen Jahren haben die Pioniere aus Kematen an der Ybbs wieder einmal zum Technologievorreiter in Europa gemacht. Ein weiterer Schritt zur Abdeckung der steigenden Nachfrage nach Recyclingkunststoffen ist getan.

Die Ausgangslage

Im Dezember 2019 präsentierte die EU mit dem „Green Deal“ eine Strategie, um die europäische Wirtschaft nachhaltiger auszurichten und damit auch die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. Die „Kreislaufwirtschaft“ nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, insbesonders dann wenn es um Kunststoffe geht. 

Bereits vor rund einem Jahr berichtete MGG Polymers-Geschäftsführer Günther Höggerl in diesem Zusammenhang von sog. „Kunststoffstrategie der EU“. In dieser finden sich Absichtserklärungen von mehr als 100 Unternehmen/Kunststoffanwendern in Europa, ab dem Jahr 2025 ein riesiges Volumen von bis zu 10 Millionen Tonnen Recylingkunststoffe pro Jahr wieder in neuen Produkten einsetzen zu wollen. 

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Der Recyclingkreislauf: Vom geschredderten Rohmaterial über die sortenreine Trennung bis zum frischen Granulat.

Das Problem

Aktuell kann die europäische Kunststoffrecyclingindustrie diesen Bedarf bei weitem nicht decken. Die derzeitigen Produktionskapaziäten liegen EU weit bei ca. 4 Millionen Tonnen pro Jahr. Viel zu wenig also, um das oben genannt ehrgeizige Ziel rasch zu erreichen.

Ein Lösungsansatz

Bei MGG Polymers beschäftigt man sich seit 2019 mit der Frage, wie man die zu erwartende steigende Nachfrage langfristig bedienen kann. Ein konkreter Ansatz war bald gefunden: Nämlich die Forschung und Anwendungsentwicklung darauf auszurichten, dass das Unternehmen neben Kunststoffen aus Elektrokleingeräten auch jene aus Elektrogroßgeräten verwerten kann. Eine strategische Weiterentwicklung, die für MGG Polymers-Geschäftsführer Günther Höggerl auf der Hand liegt: „Im Recycling von Kunststoffen aus Elektrokleingeräten haben wir uns in den letzten 15 Jahren einen guten Namen gemacht. Allerdings müssen wir innovativer sein, um die europäischen Mengenziele zu erreichen. Die Rückgewinnung der Kunststoffe aus Elektrogroßgeräten – der „weißen Ware“ – ist aus unserer Sicht ein logischer nächster Schritt.

Die Innovation

Bei der weißen Ware kommen vor allem Polypropylene mit unterschiedlichen Füllstoffen wie Talkum (PP-T), Kreide (PP-K) oder Glasfaser (PP-GF) zum Einsatz. Das bedeutet, dass es bei der Sortierung nicht genügt, das Material PP zu erkennen und abzutrennen, man muss tiefer unterscheiden können. Von den ersten Versuchen seit 2019 bis zum heutigen Serienstand waren natürlich viele Schritte notwendig, wie Innovationsmanager Daniel Forstner am besten weiß. Er hat das Forschungsprojekt „gefülltes PP“ maßgeblich entwickelt und zur Umsetzung geführt. „Die technologische Schwierigkeit lag in erster Linie darin, das gemischte Rohmaterial – also eine wilde Kunststoffmischung, in welcher auch das Polypropylen mit seinen unterschiedlichen Füllstoffen enthalten ist – sortenrein zu separieren. Unsere Kollegin Cornelia Wieser betrieb im Labor der MGG Metran dazu intensive Grundlagenforschungen und begutachtete eine riesige Menge an Musterstücken, um die Unterscheidungsmerkmale von PP-K, PP-T bzw. PP-GF zu definieren. Nach Abschluss ihrer Arbeiten konnte sie sogar die Materialunterschiede am Klang des Kunststoffes erkennen.“

Diese analysierten Musterstücke waren ein unverzichtbarer Bestandteil des gesamten Projektes, denn damit konnte das MGG-Team entscheiden, ob vorhandenen Anlagen in der Müller Guttenbrunn Gruppe für die Trennung der Materialien geeignet wären. Oder, ob Anlagen überarbeitet werden müssen oder es notwendig ist, mit Maschinenherstellern in Kontakt zu treten um komplett neue Sortierlösungen zu entwickeln. Die große Herausforderung lag dabei vor allem bei jenen Stücken aus gefülltem PP, welche nur 10 % Füllstoff oder weniger beinhalten und noch dazu meist sehr verschmutzt sind. 

Wie man es bei MGG Polymers nun aber geschafft hat, die einzelnen Fraktionen tatsächlich im Detail zu trennen, wollen Höggerl und Forstner allerdings nicht verraten: „Wir können nur so viel sagen: Die Kunststoffteile müssen schlussendlich sensorgestützt sortiert werden. Das macht die Müller-Guttenbrunn Gruppe ein weiteres Mal zum Pionier und darauf dürfen wir stolz sein!“

Die Materialherkunft

Natürlich stellt sich angesichts der europäischen Materialmengen Thematik die Frage, woher das notwendige Ausgangsmaterial kommt. „Die in Österreich gesammelte Menge an Elektrogroßgeräten wird mittel- und langfristig nicht ausreichen. Dazu kommt noch, dass die weiße Ware meist gemeinsam mit anderen Abfallströmen, z.B. Altautos verwertet wird – das macht aber das nachfolgende Kunststoffrecycling unwirtschaftlich. Daher beziehen wir Abfallfraktionen aus Elektrogroßgeräten aus ganz Europa. Die Abfallwirtschaft kann nicht national, sondern muss gesamteuropäisch und grenzüberschreitend gesehen werden“ erklärt Günther Höggerl. 

Die jährlich in Europa anfallenden Abfallmengen an Elektrogroßgeräten liegen bei etwas mehr als 3 Millionen Tonnen und damit auf einem ähnlichen Niveau wie jene der Elektrokleingeräte. Der Kunststoffanteil in den Großgeräten ist zwar geringer als in den Kleingeräten, dennoch kann von einer Menge von ca. 400.000 Tonnen pro Jahr ausgegangen werden.

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Durch die sensorgestützte Trennung der drei gefüllten Polypropylen-Arten, kann sortenreines Granulat erzeugt werden.

Während das Kunststoffrecycling aus Elektrokleingeräten inzwischen einigermaßen verbreitet ist, sieht es bei den Elektrogroßgeräten noch anders aus. Europaweit beschränken sich die Recyclingaktivitäten für Kunststoffe aus der weißen Ware meist auf der Entnahme einzelner Teile – z.B. die Bedienblende einer Waschmaschine - im Rahmen von händischen Zerlegungen. Viele der wertvollen Kunststoffe landen immer noch auf Deponien, da diese Möglichkeit zur Ablagerung in vielen EU Ländern leider noch erlaubt ist.

Die Produkte

Neben der bestehenden Produktfamilie von ungefüllten Polypropylenen (PP) bietet MGG Polymers mit dem neuen Sortierverfahren nun eine weitere Familie von PP mit unterschiedlichen Füllstoffen an. Besonders hervorzuheben sind dabei ein mit ca. 30% Talkum verstärktes Polypropylen sowie ein mit ca. 35% Kreide verstärktes Polypropylen. Ergänzt wird das Angebot um ein mineralstoffgefülltes PP mit einem hohen Anteil an Glasfasern. Wie bei allen anderen Produktfamilien auch können die Typen mit unterschiedlichen Grauschattierungen angeboten werden.
Durchgeführte Dauergebrauchsversuche bei namhaften Kunden haben die Einsetzbarkeit der Materialien in neuen Elektrogroßgeräten bereits nachgewiesen.
Ein weiteres starkes Merkmal der neuen Produktfamilie ist der hohe „post consumer“ Anteil, welcher zwischen 95% und 100% liegt. Das Sortierverfahren trennt jene Polypropylene ab, die bereits mit den unterschiedlichen Füllstoffen versetzt sind - eine gesonderte Zugabe von „neuen“ Talkum, Kreide oder Glasfaser ist nicht notwendig.

Die Zukunft

Der nächste Punkt auf der Agenda von MGG-Polymers ist es, die marktreifen Produkte in den Serieneinsatz zu bringen. An entsprechenden Projekten arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit bekannten Herstellern von Elektrogroßgeräten seit vielen Monaten. „Natürlich haben wir darüber hinaus auch die kürzlich stattgefundene weltgrößten Kunststoffmesse in Düsseldorf genutzt, um über unsere Innovation zu berichten. Wir hatten uns entschlossen, diesbezüglich nur eine kleine Information zu platzieren – dennoch war das Interesse bereits während der Messe sehr groß. Da ist es gut zu wissen, dass wir schon größere Mengen der neuen PP Produkte auf Lager haben und nach Klärung de facto sofort lieferfähig sind“, berichtet Günther Höggerl stolz.

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Materialmuster aus recyceltem PP-K (Polypropylen mit Calciumcarbonat) und PP-T (Polypropylen mit Talkum).

Und wohin wird die Reise noch gehen? Dazu gibt der Polymers-Geschäftsführer ein klares Statement ab: „MGG Polymers war es stets wichtig -und wird es weiterhin sein - seinen Kunden qualitativ hochwertige Recyclingkunststoffe anzubieten. Entscheidend für eine Einsatzbarkeit unserer Produkte in neuen Elektrogeräten oä. sind also deren Eigenschaften und nicht so sehr, aus welchem Abfallstrom sie gewonnen wurden. Wir werden daher in den kommenden Jahren in allen Firmenbereichen Investitionen tätigen, damit wir unsere Produkte aus verschiedenen Abfallströmen gewinnen können. Dies klingt einfacher als es ist, aber ich freue mich mit dem gesamten Team der Müller Guttenbrunn Gruppe auf diese Aufgabe. Die Vorarbeiten für die kommenden Jahre sind jedenfalls sehr ermutigend."

INFOBOX: Elektrokleingeräte versus Elektrogroßgeräte.

Als Elektrokleingeräte bezeichnet man üblicherweise Elektrogeräte bis zu einer Größe von 50 x 50 x 50 cm – wie z.B. Handys, Drucker, Kaffeemaschinen oder Staubsauger. Entsprechend größere Geräte werden als Elektrogroßgeräte kategorisiert – z.B. Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler. Die wesentlichen Unterschiede betreffen vor allem die verwendeten Kunststoffe. In den Kleingeräten findet man überwiegend ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol Copolymer), PS (Polystyrol) und PP (Polypropylen) Kunststoffe, während bei Elektrogroßgeräten überwiegend PP mit verschiedenen Füllstoffen zur Anwendung kommt.
Europaweit sind Recyclingziele für verschiedenste Abfallströme definiert. Die WEEE (Waste of electrical and electronical equipment) Richtlinie gibt für Elektrokleingeräte eine Recyclingquote von 55% vor, bei den Elektrogroßgeräten sind dies sogar 80%. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Rückgewinnung der Kunststoffe aus Elektrogroßgeräten unumgänglich.