Recycelte Kunststoffe - ein soziales Experiment
Wissen Sie, ob Ihre alltäglichen Geräte – etwa Handy, Fernseher, Staubsauger, Kaffeemaschine – aus recyceltem Kunststoff bestehen? Keine Sorge, wenn Sie es nicht wissen – Sie sind nicht allein! Allerdings sollte sich das rasch ändern.
Angesichts der immer größer werdenden Mengen an Kunststoffen sind Hersteller gefragt ihre Produkte so zu gestalten, dass sie einerseits einfach zu recyceln sind und andererseits natürlich bereits aus recyceltem Kunststoffmaterial bestehen. Natürlich machen Hersteller das nur, wenn die Verbraucher diesen Weg mitgehen – oder vielleicht sogar schon vorausdenken. Aus diesem Grund fordert PolyCE, ein von der Europäischen Kommission finanziertes Projekt, das auch von den Vereinten Nationen unterstützt wird, Verbraucher auf, elektronische und elektrische Produkte aus recyceltem Kunststoff von den Herstellern zu verlangen.
Erkennen Sie den Unterschied?
Ob man einen Unterschied in Qualität, Aussehen und Leistung erkennen kann, wenn recycelter Kunststoff in solchen Geräten verwendet wird? Sehen Sie selbst
PolyCE ist ein multinationales Konsortium, das vom renommierten Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration geleitet wird. In diesem Konsortium arbeiten Universitäten (UN-Universität Bonn, Universität Gent, Belgien, Technische Universität Berlin und University of Northampton, UK), zivilgesellschaftliche Organisationen (European Environmental Bureau) und zahlreiche Unternehmen – darunter Philips, Whirlpool und MGG Polymers. Die insgesamt 20 Partner, die diese zweijährige Kampagne initiiert haben, sind in neun Ländern tätig: Belgien, Niederlande, Italien, Deutschland, Österreich, Spanien, Finnland, USA und Großbritannien.
80.000 voll beladenen Lkws
„Elektronische und elektrische Geräte bestehen zu rund 20 Prozent aus Kunststoffen. Das macht Elektro-Altgeräte zu einer wichtigen Ressource, wenn man Kunststoffe recyceln und so den Kreislauf durch Wiederverwendung schließen möchte“, erklärt Günther Höggerl, technischer Geschäftsführer bei MGG Polymers. Wie wichtig gutes Recycling von Kunststoffen ist, zeigt ein aktuelles Beispiel: Derzeit fallen in Europa (EU, Norwegen, Schweiz) jährlich rund 10 Millionen Tonnen Elektroschrott an. 2 Millionen Tonnen davon werden Kunststoffe sein. Das entspricht 80.000 voll beladenen 25-Tonnen-Lkws, die eine Linie von Rom nach Frankfurt bilden würden! Nicht alles kommt zurück und vieles davon wird derzeit noch aus Europa exportiert, leider.
Erkenntnisse voll Unwissen
Ressourcenknappheit und der Umweltschutzgedanke mahnen dazu, diese Mengen an Kunststoff ordentlich zu recyceln und in neuen Produkten wiederzuverwenden. Eine kürzlich vom PolyCE-Projekt durchgeführte Verbraucherumfrage ergab jedoch, dass die Hälfte der Befragten nicht wusste, ob sie jemals ein technisches Produkt mit recyceltem Kunststoff gekauft hatten! Hingegen bemerkten 86 Prozent, die diese Frage bejaht hatten, keinen Unterschied in Qualität, Aussehen oder Leistung bei diesen Produkten.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Umfrage: Von allen, die über die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile von recycelten Kunststoffkomponenten in Elektro- und Elektronikgeräten informiert wurden, bestätigten 95 Prozent der Befragten, dass sie Produkte mit dieser Funktion kaufen würden. Obwohl Verbraucher angeben, eine hohe Bereitschaft, im Einklang mit der Kreislaufwirtschaft zu handeln, ist das tatsächliche Engagement leider weiterhin relativ gering.
Kommunikation = Schlüssel zum Erfolg
Aus diesem Grund sieht man bei PolyCE entsprechende Kommunikation und Information als Schlüssel zum Recycling-Erfolg.
Verbraucher haben Einfluss, daher sollen sie dazu animiert werden, Produkte aus recyceltem Kunststoff zu bevorzugen.
Jeder Einzelne kann seine individuelle Kaufkraft nutzen, um Produkte zu unterstützen, die einfach zu recyceln sind.
Dann sind die Hersteller gefragt, das Design ihrer Produkte entsprechend anzupassen. „Durch ein besseres Design könnten erhebliche Umwelt- und Kosteneinsparungen erzielt werden“, ist sich Rüdiger Kuehr, E-Waste-Experte der UN-Universität Bonn, sicher. „Für einige Produkte, wie Tablet-Computer und Smartphones, sind ein Großteil ihrer Herstellungskosten und Umweltauswirkungen das Ergebnis von Entscheidungen, die bereits bei der Produktgestaltung getroffen wurden.”
Erfolgreiche Vorzeigebeispiele
Dass sich gutes Design mit recyceltem Kunststoff verwirklichen lässt, zeigt etwa Orange: Frankreichs größtes Telekommunikationsunternehmen setzt auf moderne Modem-Geräte, die zu 100 % aus recycelten Kunststoffen von MGG Polymers bestehen und am Ende ihrer Lebensdauer zur Wiederverwertung an MGG Polymers zurückgegeben werden. Sehen Sie selbst
Mit solchen Beispielen möchte PolyCE sowohl Verbrauchern als auch Experten die Vorteile von recycelten gegenüber neu produzierten Kunststoffen vor Augen führen. Der Erfolg der Initiative ist für mehrere der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung von Bedeutung – besonders beim verantwortungsvollem Konsum / verantwortungsvoller Produktion, bei nachhaltigen Städten und Gemeinden und beim Klimaschutz. Daher ist es wichtig, dass in Zukunft jeder weiß, ob seine alltäglichen Geräte aus recyceltem Kunststoff bestehen oder nicht.