Studie belegt: Recycling von Kunststoffen nicht durch bromhaltige Flammschutzmittel beeinträchtigt

Rund um die bromierten Flammschutzmittel in Kunststoffen gab und gibt es Diskussionsbedarf. Vor allem für Recycler von Kunststoffen aus Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Nun zeigt eine neue Studie, dass die Recycling-Ergebnisse dabei durch bromierte Flammschutzmittel nicht beeinträchtigt werden.

Sinnvolle internationale Regelungen für das Recycling von Kunststoffen sind richtig und wichtig. Um global funktionierende Konzepte zu finden, bringt Kunststoff-Recycling-Pionier MGG Polymers daher immer wieder seine Expertise auf internationaler Ebene ein. Geschäftsführer Chris Slijkhuis hat als EERA-Vorstandsmitglied in den vergangenen Jahren zahlreiche Gespräche geführt, um praxistaugliche Lösungen zu erreichen – etwa auch bei den bromierten Flammschutzhemmern. Nun wurde genau zu diesem Thema eine spannende Studie veröffentlicht: Der Bericht des führenden Beratungsunternehmens SOFIES besagt, dass das Recycling von Kunststoffen nicht durch bromhaltige Flammschutzmittel beeinträchtigt wird.

Die Ausgangslage

Kunststoffe sind ein unverzichtbarer Werkstoff mit vielen Vorteilen. Elektronische und elektrische Geräte wären ohne Kunststoffe undenkbar – allerdings müssen diese Geräte besonders geschützt werden, um nicht in Flammen aufzugehen. Dafür werden häufig bromhaltige Flammschutzmittel (BFR) in den Kunststoffen verwendet. Durch ihren Einsatz können die entsprechenden Brandschutznormen erfüllt werden, um Verbraucher vor unbeabsichtigten Bränden zu schützen. 

Einige BFRs stehen jedoch auf der „schwarzen Liste“ der langlebigen organischen Schadstoffe (englisch: Persistent Organic Pollutants, kurz POP) und gelten somit als „eingeschränkt“. Diese eingeschränkten BFRs werden in spezialisierten Recycling-Unternehmen wie MGG Polymers aussortiert und einer sachgemäßen Entsorgung zugeführt. Dadurch wird jegliche Gefahr für die Umwelt vermieden. Allerdings herrschte zuletzt genau in diesen Recycling-Unternehmen Unsicherheit, ob neue Grenzwerte bei BFRs zur unüberwindbaren Hürde werden könnten.


Die Studie

BSEF, der Internationale Brom-Rat, hat dazu vor kurzem einen umfassenden Bericht über die Ströme von Kunststoffen aus Elektro- und Elektronikaltgeräten und deren Recycling in Europa veröffentlicht. Die Studie, die von dem führenden Beratungsunternehmen Sofies erstellt wurde, befasst sich dabei mit den Auswirkungen bromierter Flammschutzmittel (BFR) auf das Recycling von Kunststoffen aus Elektro- und Elektronikaltgeräten. 

Die wichtigen Erkenntnisse

In Europa werden jährlich etwa 2,6 Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikaltgeräte-Kunststoffe erzeugt. 9 Prozent der Kunststoffe werden mit bromierten Flammschutzmitteln versehen. Eines der größten Probleme: Nur rund die Hälfte aller in Europa anfallenden Alt-Kunststoffe aus Elektro- und Elektronikaltgeräten wird über die offiziellen Sammelkanäle entsorgt (und teilweise wieder recycelt). Die andere Hälfte landet einfach in der Abfalltonne, wird in minderwertigen Recyclinganlagen verarbeitet oder exportiert.

Im Durchschnitt werden 55 Prozent der Kunststoffe, die von Elektro- und Elektronikaltgeräten stammen und in spezialisierte Recyclinganlagen gelangen, effektiv recycelt. Die dadurch produzierten PCR-Kunststoffe (Post-Consumer-Recycled-Kunststoffe) können danach wieder zur Herstellung neuer Kunststoffprodukte verwendet werden.  Die Studienergebnisse belegen dabei vor allem eines: Bromhaltige Flammschutzmittel verändern die Recycling-Ergebnisse nicht im Vergleich zu anderen Flammschutzmitteln, da sie durch verschiedene Verfahren aussortiert und entsorgt werden.

EERA, der Verband der Elektronik-Recycler in Europa, sieht sich in seiner Sichtweise durch die Studienergebnisse bestätigt. So auch EERA-Vorstandsmitglied und MGG-Geschäftsführer Chris Slijkhuis: „Wir als Recycler von Elektro- und Elektronikaltgeräten haben über die Jahre gelernt, wie wir mit bromierten Flammschutzmitteln umgehen müssen. Trotz der komplexen Mischung von Kunststoffen aus den unterschiedlichsten Altgeräten können wir Post-Consumer-Recycling-Kunststoffe herstellen, die den REACH-, RoHS- und POP-Verordnungen entsprechen. Das ist wichtig, um den Konsumenten Sicherheit zu geben und gleichzeitig die angestrebte Kreislaufwirtschaft in Schwung zu bringen.“

Gefährdung durch Schwellwert-Senkung

Genau wie der europäische Verband der Elektronik-Recycler (EERA) warnt jedoch auch Chris Slijkhuis davor, die bisher erzielten Fortschritte durch eine weitere Senkung der Schwellenwerte für eingeschränkte BFR zu gefährden: „Die WEEE-Richtlinie verlangt von uns, alle bromierten Flammschutzmittel auszusieben – ganz unabhängig davon, ob es sich um eingeschränkte Flammschutzmittel handelt oder nicht. Um dies kosteneffektiv erreichen zu können, sind wir auf das Screening des Elements Brom angewiesen. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass wir mittlerweile mehr nützliche Kunststoffe mit nicht eingeschränkten bromierten Flammschutzmitteln aussortieren.“ 
Der Sofies-Bericht enthält neben den Erkenntnissen auch wichtige Empfehlungen für die beteiligten Akteure – von den politischen Entscheidungsträgern, über die Gerätehersteller bis hin zu den Recyclern. Da die Europäische Kommission derzeit an einem Vorschlag für eine „Circular Electronics Initiative“ arbeitet, sollten die abgegebenen Empfehlungen für diese Initiative unbedingt berücksichtigt werden.

Links:

die Sofies-Studie
https://www.bsef.com/wp-content/uploads/2020/11/Study-on-the-impact-of-Brominated-Flame-Retardants-BFRs-on-WEEE-plastics-recycling-by-Sofies-Nov-2020.pdf

Präsentation von zum Thema „E-Waste plastics recycling and its challenges…“ 
https://www.bsef.com/wp-content/uploads/2020/11/Presentation-Chris-Slijkhuis-EERA-at-SOFIES-Study-presentation-November-2020.pdf
Und: https://youtu.be/AiDLfDmGd-Q

In der Presse:
https://www.euractiv.com/section/energy-environment/news/half-of-plastics-in-electronic-waste-not-recycled-in-eu/
https://www.euractiv.com/section/circular-economy/interview/recycler-simpler-eu-laws-would-help-recycle-e-waste-plastics/

Wer steht hinter der Studie:

BSEF, der Internationale Brom-Rat, ist ein in Brüssel ansässiger Handelsverband und vertritt die internationale Bromindustrie. Der 1997 gegründete BSEF setzt sich für die Förderung des Wissens über den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen von Brom sowie dessen Anwendung ein.  www.bsef.com

SOFIES ist eine internationale Beratungsfirma im Bereich der Nachhaltigkeit. Das Unternehmen wurde 2008 mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftliche Entwicklung und den Erhalt der natürlichen Ressourcen in den Fokus zu rücken, um die Ansätze der Industriellen Ökologie und der Kreislaufwirtschaft zu stärken. Sofies bietet innovative Lösungen zur Verbesserung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten der Kunden. Die Sofies-Gruppe mit Hauptsitz in Genf hat auch Niederlassungen in Zürich, Paris, London und Bangalore.  https://sofiesgroup.com/en/